Studentische Blogbeiträge

Wie kommunizieren wir wissenschaftliche Erkenntnisse am besten einem breiteren Publikum? 

Zur Vertiefung des gelernten Wissens erstellten Studierenden im Rahmen zweier Seminare unserer Abteilung unter der Leitung von Dr. Corina Berli wissenschaftlich Blogbeiträge. Ziel war es, ein selbstgewähltes Thema aus dem Seminarprogramm in verständlicher Sprache einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.  

Gerne möchten wir hier eine kleine Auswahl der gelungensten studentischen Blogbeiträge teilen.   

Viel Spass beim Lesen. 

 

Seminar «mHealth im Kontext chronischer Erkrankung», HS 2024

Blogbeitrag von Nora Jäger

Dieses Bild wurde mit DALL·E generiert, einem KI-gestützten Bildgenerator von OpenAI

Dranbleiben lohnt sich: User Engagement als Schlüssel zum Erfolg von mHealth-Apps

Kennst du das? Du lädst dir mal wieder eine neue Achtsamkeits-App herunter, die dir dieses Mal wirklich helfen soll, regelmässig zu meditieren – vielleicht, um entspannt durch die stressige Vorweihnachtszeit zu kommen. Die ersten Tage meditierst du fleissig und fühlst dich motiviert, doch schon bald verschwindet die App in den Tiefen deines Smartphones. Kommt dir das bekannt vor? Damit bist du nicht allein: Viele mHealth-Apps werden nach anfänglicher Euphorie kaum noch genutzt. Das Problem dabei? Ohne regelmässige Nutzung verpufft ihr Potenzial. Sie können nur helfen, wenn du dranbleibst. Aber wie schaffen es manche Apps, ihre NutzerInnen langfristig zu binden, während andere schnell an Reiz verlieren? Die Antwort liegt im User Engagement – und diesem entscheidenden Erfolgsfaktor widmet sich dieser Beitrag. Wir schauen uns an, warum User Engagement so wichtig ist und welche Strategien mHealth-Apps nachhaltig erfolgreich machen.

Was ist User Engagement und warum ist es so wichtig?

User Engagement beschreibt, wie intensiv NutzerInnen mit einer App interagieren – sei es durch regelmässige Nutzung, emotionale Bindung oder die aktive Integration in ihren Alltag. Es gibt viele verschiedene Definitionen des Begriffs. Eine zentrale Perspektive sieht User Engagement als Zustand, bei dem physische, affektive und kognitive Energien auf eine Aufgabe fokussiert werden (Nahum-Shani et al., 2022). Man kann sich User Engagement also wie eine tiefe Verbindung zur App vorstellen – körperlich, emotional und geistig. Es entsteht, wenn eine App wirklich in den Alltag integriert wird. Aber warum ist User Engagement so wichtig? Studien zeigen, dass mHealth-Apps mit hohem User Engagement nicht nur länger genutzt werden, sondern auch effektiver sind. Dies zeigt zum Beispiel eine Metaanalyse von Mclaughlin et al. (2021) zu Apps, welche die physische Aktivität fördern möchten: Höheres User Engagement mit der jeweiligen App hing mit mehr physischer Aktivität zusammen.

Welche Strategien fördern User Engagement?

Ganz einig ist sich die Wissenschaft noch nicht, welche Elemente das User Engagement auf welche Art und Weise beeinflussen. Das Forschungsgebiet ist noch jung und aufgrund der rasanten technologischen Entwicklungen in ständigem Wandel. Ich habe einige Strategien ausgewählt, die ich im Folgenden vorstellen werde. Es sind bewährte Ansätze, die auf Erkenntnissen aus wissenschaftlichen Studien sowie erfolgreichen Praxisbeispielen basieren:

1. Gamification: Spielend motivieren

Punkte sammeln, Level aufsteigen, Belohnungen freischalten – spielerische Elemente steigern das User Engagement, indem sie NutzerInnen ein Gefühl von Fortschritt und Erfolg vermitteln. Eine Studie von Maher et al. (2022) zeigt, dass der Einsatz von Gamification, etwa durch Ranglisten zum Vergleich der eigenen Fortschritte mit denen anderer NutzerInnen oder Fortschrittsanzeigen bei kontinuierlicher Nutzung, signifikant zum User Engagement beiträgt. Ein Beispiel hierfür ist die App «Insight Timer», die tägliche Meditationen mit sogenannten «Streaks» belohnt. Stell dir vor, du sammelst ein Streak von 100 Tagen und siehst deinen Fortschritt – ein echter Motivationsschub!

2. Personalisierung: Keine Einheitslösung

Menschen sind unterschiedlich – mHealth-Apps sollten genau das widerspiegeln. Ob es personalisierte Erinnerungen sind, die an deinen Alltag angepasst sind, oder Tipps, die auf deine Fortschritte zugeschnitten sind – je mehr die App auf deine individuellen Bedürfnisse eingeht, desto wahrscheinlicher ist es, dass du sie regelmässig nutzt und deine Gesundheitsziele erreichst. Dies zeigt zum Beispiel die Übersichtsarbeit von Morrison et al. (2012).

3. Soziale Funktionen: Gemeinsam mehr erreichen

Herausforderungen meistert niemand gerne allein. Apps mit Peer-Support, wie Chats oder Gruppen-Challenges, können das User Engagement deutlich steigern. Solche Challenges könnten beispielsweise aus Wettbewerben bestehen, bei denen Teams gemeinsam ein Ziel erreichen – etwa 10'000 Schritte pro Tag oder eine bestimmte Anzahl an Meditationseinheiten pro Woche. Der Austausch mit Gleichgesinnten macht den Prozess nicht nur interaktiver, sondern steigert auch die Verbindlichkeit. Dieser Aspekt wurde unter anderem in der systematischen Übersichtsarbeit zu Engagement mit mHealth-Apps von Milne-Ives et al. (2023) herausgearbeitet.

4. Nutzerfreundlichkeit: Weniger ist mehr

Eine App sollte dein Leben leichter machen – nicht komplizierter. Die qualitative Studie von Crane et al. (2017) zur App «Drink Less» zeigte, dass eine intuitive Benutzeroberfläche, ein übersichtliches Design und eine klare Navigation entscheidend für die langfristige Nutzung und die Reduktion des Alkoholkonsums sind.

5. Datenschutz: Kontrolle über sensible Daten behalten

Vertrauen ist ein Schlüsselfaktor für User Engagement. Eine Onlinebefragung von über tausend mHealth-App-NutzerInnen zeigte, dass diejenigen Personen, welche das Gefühl haben, ihre Daten nicht kontrollieren zu können, die Apps weniger häufig benutzen (Zheng et al., 2024). Apps, welche Transparenz und klare Optionen zur Datenkontrolle bieten, können Datenschutzbedenken mindern und das User Engagement fördern.

Was lernen wir daraus?

MHealth-Apps haben enormes Potenzial, unsere Gesundheit zu verbessern – vorausgesetzt, wir nutzen sie regelmässig und über längere Zeit. Der Schlüssel dazu ist das User Engagement. Um langfristig erfolgreich zu sein, sollten Apps Gamification, Personalisierung, soziale Funktionen, Nutzerfreundlichkeit und einen klaren Fokus auf Datenschutz vereinen.

Tipps für dich:

  • Wähle Apps, die zu deinem Alltag passen und personalisierbar sind.
  • Entscheide dich für Apps mit Gamification-Elementen oder sozialer Unterstützung.
  • Achte darauf, dass die App einfach zu bedienen ist und deine Daten schützt.
  • Bleib geduldig – nachhaltige Ergebnisse brauchen Zeit.

 

Dranbleiben lohnt sich – für dich und deine Gesundheit!

 

Literaturverzeichnis

Crane, D., Garnett, C., Brown, J., West, R., & Michie, S. (2017). Factors Influencing Usability of a Smartphone App to Reduce Excessive Alcohol Consumption: Think Aloud and Interview Studies. Frontiers in public health5, 39. https://doi.org/10.3389/fpubh.2017.00039

Mclaughlin, M., Delaney, T., Hall, A., Byaruhanga, J., Mackie, P., Grady, A., Reilly, K., Campbell, E., Sutherland, R., Wiggers, J., & Wolfenden, L. (2021). Associations Between Digital Health Intervention Engagement, Physical Activity, and Sedentary Behavior: Systematic Review and Meta-analysis. Journal of medical Internet research23(2), e23180. https://doi.org/10.2196/23180

Maher, C. A., Olds, T., Vandelanotte, C., Plotnikoff, R., Edney, S. M., Ryan, J. C., DeSmet, A., & Curtis, R. G. (2022). Gamification in a Physical Activity App: What Gamification Features Are Being Used, by Whom, and Does It Make a Difference?. Games for health journal11(3), 193–199. https://doi.org/10.1089/g4h.2021.0207

Milne-Ives, M., Homer, S. R., Andrade, J., & Meinert, E. (2023). Potential associations between behavior change techniques and engagement with mobile health apps: a systematic review. Frontiers in psychology14, 1227443. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2023.1227443

Morrison, L. G., Yardley, L., Powell, J., & Michie, S. (2012). What design features are used in effective e-health interventions? A review using techniques from Critical Interpretive Synthesis. Telemedicine journal and e-health: the official journal of the American Telemedicine Association18(2), 137–144. https://doi.org/10.1089/tmj.2011.0062

Nahum-Shani, I., Shaw, S. D., Carpenter, S. M., Murphy, S. A., & Yoon, C. (2022). Engagement in digital interventions. The American psychologist77(7), 836–852. https://doi.org/10.1037/amp0000983

Zheng, H., Zhao, L., Luo, C., Fu, S., Chen, X., & Liang, S. (2024). Understanding user engagement in mobile health applications from a privacy management perspective. Health promotion international39(4), daae103. https://doi.org/10.1093/heapro/daae103

Proseminar «Soziale Beziehungen & Gesundheit», HS 2023 

Blogbeitrag von Paula Zweifel, Hanna Üffing, Larina Lenz

© Unsplash

Nimmst du noch oder gibst du schon?

Was man vom Geben sozialer Unterstützung alles bekommen kann. 

«Ich will haben, haben, haben» singt Nina Chuba in ihrem Nummer 1 Hit Wildberry Lillet. «Ich will Immos, ich will Dollars, ich will fliegen wie bei Marvel, Ich hab' Hunger, also nehm' ich mir alles vom Buffet.» So wie der jungen Künstlerin, geht es den meisten von uns. In unserer Konsumgesellschaft wollen alle immer haben und nehmen, und zwar möglichst viel von allem. Die Forschung zeigt aber, dass es zumindest im Bereich der sozialen Unterstützung nicht schadet, ab und zu auch mal zu geben. Welche Vorteile das Geben von sozialer Unterstützung für die gebende Person hat und welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit sich diese Vorteile einstellen, diskutieren wir im folgenden Blogbeitrag. 

Was ist soziale Unterstützung überhaupt?                                                                                    

Unter sozialer Unterstützung versteht man die Bereitstellung von psychologischen und materiellen Ressourcen durch das soziale Netzwerk. Dadurch können Personen zum Beispiel darin unterstützt werden, mit stressigen Situationen umzugehen. Sie kann in verschiedenen Formen auftreten wie zum Beispiel instrumenteller Unterstützung (finanzielle Hilfe, Auto ausleihen usw.), informationeller Unterstützung (Liefern von relevanten Informationen) oder emotionaler Unterstützung (Empathie zeigen, Trost spenden usw.).  

Und was hat jetzt die Person davon, die gibt? 

Das Geben von sozialer Unterstützung bietet aber nicht nur für die Empfänger:innen etwas, sondern auch für die Geber:innen. Warum das so sein könnte, lässt sich eigentlich relativ schnell verstehen, wenn man sich Menschen und ihre Form des Zusammenlebens anschaut. Für unsere Spezies ist es entscheidend, dass wir aufeinander Acht geben. Daher ergibt es durchaus Sinn, dass es in unserem Gehirn Prozesse gibt, die uns «belohnen», wenn wir etwas für andere tun.  

Studien konnten zeigen, dass unsere Stimmung besser ist, wenn wir Geld für andere ausgeben, als wenn wir das für uns selbst tun. Dasselbe gilt für weitere nette Dinge. Wenn wir sie für andere tun, erhöht das unsere Glücksgefühle und unser Gefühl, zu einer sozialen Gruppe zu gehören. Das Geben steht auch mit weiteren positiven Outcomes in Verbindung, wie zum Beispiel einer erhöhten Selbstachtung und einer stärkeren Verbindung zur Person, welche die Unterstützung empfängt.  

Ein weiterer positiver Effekt vom Geben von Unterstützung ist die Stressreduktion. Es konnte gezeigt werden, dass sich durch das Geben von sozialer Unterstützung die Aktivität in Gehirnregionen, welche mit Stress in Verbindung stehen reduziert. In einem weiteren Experiment wurde herausgefunden, dass sich der Stress vor einer herausfordernden Situation reduziert, wenn man eine unterstützende Nachricht an eine:n Freund:in schreibt.  

Sollte man also so viel geben wie möglich? 

Es zeigt sich also, dass das Geben von sozialer Unterstützung viele positive Auswirkungen auf den:die Unterstützungsgeber:in hat. Natürlich gelten diese Befunde aber nicht bedingungslos und über sämtliche Lebenssituationen hinweg. Es wird davon ausgegangen, dass es einige Grenzen gibt, für diese Befunde. Wahrscheinlich ist es notwendig, dass die Unterstützung freiwillig erfolgt und der:die Geber:in das Gefühl hat, dass seine:ihre Unterstützung auch etwas bewirkt. Ein weiterer Faktor, der berücksichtigt werden muss, ist die Ausgeglichenheit. In engen sozialen Beziehungen, also zum Beispiel Partnerschaften oder Freundschaften, wirken verschiedene Mechanismen. Eine Theorie, die hier besteht, ist die sogenannte Equity-Theory. Sie besagt, dass in engen sozialen Beziehungen ein Gleichgewicht entscheidend ist, damit diese funktionieren. Hierbei muss das Gegebene und das, was man bekommt, nicht zwangsläufig das Gleiche sein, aber es ist wichtig, dass beide Beteiligten es als gleichwertig ansehen. Das Bedeutet also, dass ein Zeichen der Dankbarkeit im Austausch für soziale Unterstützung durchaus funktionieren kann. Wichtig ist aber, dass nicht nur einer ständig gibt und dafür nichts zurückbekommt. Denn wenn das der Fall ist, stellen sich die positiven Effekte des Gebens nicht ein oder werden zumindest von den negativen der Ungleichheit übertönt. 

Was bedeutet das nun für den Alltag? 

Wir sehen also, dass Unterstützung zu geben für uns so einige Vorteile haben kann. Dabei wird also nicht nur anderen geholfen, sondern auch sich selbst.  Nun stellt sich die Frage, wie dies im Alltag noch mehr umgesetzt werden kann. Jeder hat seine individuellen Stärken, und diese kann man sich hier zu Nutze machen.  

  • Hörst du gerne zu? Frag deine Liebsten wie es ihnen geht, biete ihnen ein offenes Ohr an und gib, wenn gewünscht, hilfreiche Tipps.  

  • Du machst gerne kleine Geschenke? Bring deinen Freunden und Verwandten doch beim nächsten Besuch etwas mit, von dem du weisst, dass sie Freude daran hätten.  

  • Oder hilfst du gerne mit? Dann greif doch deinen Eltern beim Einkauf oder dem Kochen unter die Arme, bring den Nachbar:innen die Post mit oder hilf Senior:innen über die Strasse.  

  • Achte dabei aber auch auf dich Selbst. Stelle dir hin und wieder die Frage, ob noch ein Gleichgewicht zwischen Geben und Nehmen besteht. 

Du kannst also deine Stärken nutzen, um die in deinem Umfeld zu unterstützen, die Hilfe benötigen oder schätzen. Dadurch hilfst du nicht nur ihnen, sondern du hilfst auch dir selbst dabei, ein glücklicheres und längeres Leben zu führen.  

Blogbeitrag von Michelle Spiess und Annina Straessle

© Universität Bern

Nackenstart statt stressgeschwächt

Ein stechendes Gefühl, welches jeden Tag tausende Menschen begleitet. Es gibt viele verschiedene Methoden, um es erträglicher zu machen, doch verschwinden tut es oft nicht ganz. Auch du, liebe/r Leser:in, könntest an den ebenbeschriebenen Nackenschmerzen leiden. Oft werden sie durch Anspannung und Stress ausgelöst und aufrechterhalten. Auch mir geht es so und die Schmerzen treten vor allem in stressigen Situationen auf. Vieles habe ich probiert, doch was genau kann mir gegen die Nackenschmerzen helfen oder gegen das eigentliche Problem, den Stress? Eine Studie besagt, dass Stress durch wahrgenommene soziale Unterstützung abgeschwächt werden kann (McLean et al.,2022). Was dies genau bedeutet und wie es funktioniert, soll durch die nächsten Zeilen klarer werden.  

Soziale Unterstützung 

Wahrgenommene soziale Unterstützung kann definiert werden als das Wissen, dass bei Bedarf, Unterstützung gegeben wird (Uchino et al., 2012). Sie ist Teil der emotionalen und instrumentellen Unterstützung und die Wirksamkeit hängt von der Übereinstimmung zwischen Quelle, Art, Zeitpunkt und den Bedürfnissen des Einzelnen ab (McLean et al., 2022).  McLean et al. (2022) untersuchten die wahrgenommene soziale Unterstützung und deren Rolle bei Stress von Erstsemestler:innen. Stress wurde bei den Erstsemestler:innen automatisch durch die vielen verschiedene Veränderungen aufgrund des Neuanfangs an der Universität ausgelöst. Die Erwartung der Autor:innen, dass Teilnehmer:innen mit mehr wahrgenommener sozialer Unterstützung weniger Stress wahrnehmen werden, konnte bestätigt werden. McLean et. al. (2022) haben zusätzlich Zusammenhänge mit dem Geschlecht gefunden. 42% der Studentinnen gaben an, hohe soziale Unterstützung zu erhalten, während dies nur für 27% der Teilnehmer der Fall war. Dies zeigt auf, dass Frauen vermehrt hohe soziale Unterstützung wahrnehmen als Männer.  

Stress und Depression 

Eine weitere Untersuchung zu Stress und wahrgenommener sozialer Unterstützung hatte das Ziel, soziale Unterstützung und dessen Rolle für den Zusammenhang zwischen Stress und Depression zu untersuchen. Dies ist auch unter dem sogenannten Puffereffekt bekannt, welcher besagt, dass der Effekt von Stress durch soziale Unterstützung abgeschwächt werden kann (Cohen, 2004). Wang et. al (2014) fanden heraus, dass bei Universitätsstudent:innen aus China soziale Unterstützung die Auswirkung, welche Stress auf Depression hat, beeinflusste. Bei geringer Wahrnehmung der sozialen Unterstützung, hat Stress einen stärkeren Zusammenhang mit Depression. Hohe wahrgenommene soziale Unterstützung kann somit helfen, den Zusammenhang zwischen Stress und Depression zu verringern, oder in anderen Worten: «abzupuffern». Das heisst bei hohem Stress und gleichzeitig hoher sozialer Unterstützung resultieren weniger negative Gefühle als bei gleichzeitig niedriger sozialer Unterstützung. Ein Netzwerk an unterstützenden Personen ist also hilfreich, um den Einfluss von Stress auf Depression zu vermindern bzw. um mit negativem Affekt in stressigen Situationen besser klarzukommen.  

Die heilende Umarmung 

Wir haben nun gesehen, dass soziale Unterstützung helfen kann, mit Stress besser umzugehen. Stress ist etwas, das wir alltäglich erleben und womit wir ständig zu kämpfen haben. Auch eine Krankheit kann als eine stressige Situation interpretiert werden. Deshalb wollen wir euch noch eine weitere Studie vorstellen, die untersucht hat, ob soziale Unterstützung oder noch genauer Umarmungen helfen können, eine Erkrankung vorzubeugen. Cohen et. al. (2014) haben Erwachsene im Alter von 18-55 untersucht und herausgefunden, dass zwischenmenschlicher Stress, soziale Unterstützung und Umarmungen sowohl mit einer Infektion als auch mit Krankheitszeichen zusammenhängen. Dies zeigte sich so, dass für Teilnehmer:innen, die eine geringe soziale Unterstützung wahrnahmen, häufigere zwischenmenschliche Spannungen und Konflikte mit einer höheren Wahrscheinlichkeit einer Infektion verbunden waren. Bei Teilnehmer:innen, die eine hohe soziale Unterstützung wahrnahmen, traf das nicht zu. Man kann hier also festhalten, dass Personen, die mehr Umarmungen (als Form von sozialer Unterstützung) erhalten haben, bei Stress besser geschützt sind vor Krankheiten und Krankheitssymptomen.  

Lösungsvorschläge zum ursprünglichen Problem 

Um nun zurück auf das anfängliche Problem der Nackenschmerzen zu kommen, können wir festhalten, dass Stress und vor allem auch dessen Folgen tatsächlich durch wahrgenommene soziale Unterstützung vermindert werden können. Nicht nur hilft soziale Unterstützung gegen Niedergeschlagenheitsgefühle, die durch Stress verursacht wurden, sie schützt uns sogar vor Erkrankungen!  

Löst soziale Unterstützung also all unsere Probleme? Vielleicht nicht ganz, aber sicherlich einige... Deshalb hier einige Vorschläge an euch, liebe Leser und Leserinnen.  

  • Wahrgenommene soziale Unterstützung kann bei Neuanfängen den Stress mildern 

  • Umgibt euch mit eurem sozialen Umfeld, denn sie können euch helfen negative Emotionen, die durch Stress verursacht werden, zu vermeiden! 

  • Nehmt die Unterstützung, die ihr erhaltet, bewusst wahr; besonders die Männer! 

  • Umarmt euch! Denn “es gibt tausend Krankheiten, aber nur eine Gesundheit.” - Ludwig Börne 

Wenn du also gerade unter Nackenschmerzen leidest, leg dein Computer auf die Seite und verbringe Zeit mit deinen Liebsten, am besten noch mit einer langen Begrüssungsumarmung.  

 

Literaturverzeichnis 

Cohen, S. (2004). Social relationships and health. American psychologist, 59(8), 676. 

Cohen, S., Janicki-Deverts, D., Turner, R. B., & Doyle, W. J. (2015). Does hugging provide stress-buffering social support? A study of susceptibility to upper respiratory infection and illness. Psychological science, 26(2), 135-147. https://doi.org/10.1177/0956797614559284 

McLean, L., Gaul, D., & Penco, R. (2023). Perceived social support and stress: A study of 1st year students in Ireland. International Journal of Mental Health and Addiction, 21(4), 2101-2121. https://doi.org/10.1007/s11469-021-00710-z  

Uchino, B. N., Bowen, K., Carlisle, M., & Birmingham, W. (2012). Psychological pathways linking social support to health outcomes: A visit with the “ghosts” of research past, present, and future. Social science & medicine, 74(7), 949-957. https://doi.org/10.1016/j.socscimed.2011.11.023 

Wang, X., Cai, L., Qian, J., & Peng, J. (2014). Social support moderates stress effects on depression. International journal of mental health systems, 8(1), 1-5. https://doi.org/10.1186/1752-4458-8-41 

Seminar «mHealth im Kontext chronischer Erkrankung», HS 2023

Blogbeitrag von Alyssa Hadorn und Kaushika Kandasamy

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Stress off, Relaxation on - Mach Schluss mit Stress!

Der erste Schnee ist gefallen, die Weihnachtsbeleuchtung wurde aus dem Keller geholt und der Duft von Glühwein liegt in der Luft. Wir wissen alle, was das bedeutet – die Weihnachtszeit ist im Anmarsch. Doch während die einen bereits im Backfieber sind oder Adventskränze basteln, bricht anderen der kalte Schweiss aus. Die Suche nach dem perfekten Geschenk für diverse Familienmitglieder wird zu einem Wettkampf gegen die Zeit, die Plätzchen sind im Ofen verbrannt und aufgrund unerwarteten Schneefalls hat der Zug über 30 Minuten Verspätung. Der vorweihnachtliche Rummel belastet jedoch nicht nur unseren Geldbeutel, sondern auch unsere innere Ruhe. Es ist allseits bekannt, dass sich anhaltender Stress negativ auf unsere Gesundheit auswirken kann. Der Vorweihnachtsstress ist nur eines von vielen Beispielen für Stress, welchen wir in unserem heutigen Alltag erleben. Doch mittlerweile gibt es ebenso viele moderne Ressourcen, die wir für unsere Stressmanagement nutzen können. Eine dieser Ressourcen ist unser Smartphone und noch konkreter: Apps auf unserem Smartphone! Doch wie können uns diese dabei helfen, Stress zu senken?

Wie effektiv sind Apps für das Stressmanagement?

Stress ist ein sehr komplexes Konstrukt und wird deshalb auf ganz viele verschiedene Arten und Weisen definiert. Eine der häufigsten Definitionen von Stress ist diejenige von Folkman und Lazarus (1984). Sie gehen davon aus, dass Stress dann entsteht, wenn wir das Gefühl haben, dass innere oder äussere Anforderungen oder Situationen die eigenen Ressourcen übersteigen. Leider gibt es bisher keinen Knopf, mit dem Stress einfach abgeschaltet werden kann. Dafür gibt es jedoch Apps für das Stressmanagement, die nur einen Knopfdruck entfernt sind. Mittlerweile gibt es sehr viele verschiedene Apps auf dem Markt, welche alle auf unterschiedlichen Prinzipien aufbauen. Einige Apps bieten theoretische Stressinputs, während andere mit physiologischen Rückmeldungen arbeiten, beispielsweise durch die Verwendung von Pulsuhren. Besonders beliebt sind jedoch vor allem achtsamkeitsbasierte Übungen wie Mediationen oder Atemübungen (Egger et al., 2023). Doch sind diese Apps auch wirklich wirksam in Bezug auf das Stressmanagement? Die Antwort lautet: Ja! Zahlreiche Studien konnten zeigen, dass achtsamkeitsbasierte Apps subjektiv wahrgenommenen Stress senken (Carmody & Baer, 2008; Huberty et al., 2019; Schulte-Frankenfeld & Trautwein, 2022).

Welche App Komponenten sind am wichtigsten für das Stressmanagement?

Stressmanagement-Apps können hilfreich sein, wenn sie auf solider wissenschaftlicher Basis stehen. Nebstdem sollten die Apps einfach konzipiert sein. Wir sollten leicht verstehen können, was sie erreichen wollen, wie sie gemacht wurden und was sie bieten. Ausserdem sollten sie einfach zu nutzen und anwenderfreundlich sein, damit wir sie mühelos in unseren stressigen Alltag integrieren können (Coulon et al., 2016). Denn am Ende des Tages sollten solche Apps nicht nur wirksam sein, sondern auch verständlich und bequem!

Headspace – eine beliebte App für das Stressmanagement

Im Bereich der stressbewältigenden mobilen Anwendungen hat die Meditations-App Headspace in den letzten Jahren erhebliche Beachtung gefunden. Verschiedene Studien konnten zeigen, dass das Benutzen von Headspace dazu beiträgt, dass der wahrgenommene Stress sinkt (Bostock et al., 2019; Economides et al., 2018). Ausserdem wurde sie als beste Achtsamkeits-App von 23 Apps bewertet, basierend auf Kriterien wie Engagement, Funktionalität, visuelle Ästhetik und Informationsqualität (Egger et al., 2023). Mit beeindruckenden 2 Millionen zahlenden Abonnenten zählt sie zu den Spitzenreitern unter den zahlreichen Apps, die sich dem Stressmanagement verschrieben haben. Eine Barriere, die es jedoch noch zu überwinden gibt, ist die Zugänglichkeit für alle Altersgruppen. Vor allem ältere Menschen könnten stark von Apps wie Headspace profitieren, aber häufig versuchen sie es gar nicht erst. In der Forschung ist man deshalb aktuell damit beschäftigt, wie man dieses Hinderniss am besten überwinden kann (Wildenbos et al., 2015).

Der Fokus von Headspace liegt auf angeleiteten Meditationen, die darauf abzielen, die Achtsamkeit zu fördern. Diese Meditationen werden durch informative Videos ergänzt, die grundlegende Konzepte und Techniken zur Achtsamkeit vermitteln. Ein besonderes Highlight ist die Flexibilität der App: Wir können die Dauer unserer Meditationen ganz nach unseren eigenen Vorlieben bestimmen. Egal, ob wir nur ein paar Minuten für eine kurze Auszeit suchen oder eine längere Sitzung bevorzugen – Headspace passt sich unserem Zeitplan an. Zudem können wir die App jederzeit und überall nutzen, sei es zu Hause, am Arbeitsplatz oder auch unterwegs (Heber et al., 2023). Zudem geht Headspace auch ein paar generelle Herausforderungen von Apps an, so wurde beispielsweise auf eine benutzerfreundliche Gestaltung der App geachtet, die sich auch für Anfänger eignet und auch die Sprache kann man nebst Englisch auch auf Deutsch einstellen, was die App für noch mehr Leute zugänglicher macht. Ausserdem kann man Meditationen herunterladen und anschliessend ohne Internetverbindung hören, was technische Probleme reduziert (Bidargaddi et al., 2018).

Machen wir Schluss mit Stress!

Kontinuierlicher Stress kann nicht nur unsere Stimmung trüben, sondern auch unsere Gesundheit beeinträchtigen. Gerade in der Weihnachtszeit, wenn wir Geschenke bereits besorgt haben und alles vorbereitet ist, wäre es schade, krank im Bett zu liegen. Daher lasst uns sicherstellen, dass wir nicht nur für festliche Dekorationen sorgen, sondern auch etwas für unsere eigene Gesundheit tun! Stress in Schach zu halten, mag wie eine Mammutaufgabe erscheinen, aber Hilfe ist nur einen Knopfdruck entfernt! Selbst wenn das Leben mit grossen Herausforderungen aufwartet, können uns Apps dabei helfen, positive Gefühle zu erleben und den Stresspegel zu senken.

Also machen wir uns doch schon mal ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk an uns selbst und laden wir uns eine App herunter, so dass wir ohne Stress ins neue Jahr starten können. Machen wir Schluss mit Stress, er ist es nicht Wert!

 

Literaturverzeichnis

Bidargaddi, N., Almirall, D., Murphy, S., Nahum-Shani, I., Kovalcik, M., Pituch, T., Maaieh, H., & Strecher, V. (2018). To prompt or not to prompt? A microrandomized trial of time-varying push notifications to increase proximal engagement with a mobile health app. JMIR mHealth and uHealth, 6(11). http://mhealth.jmir.org/2018/11/e10123/ 

Bostock, S., Crosswell, A. D., Prather, A. A., & Steptoe, A. (2019). Mindfulness on-the-go: Effects of a mindfulness meditation app on work stress and well-being. Journal of Occupational Health Psychology, 24(1), 127–138. https://doi.org/10.1037/ocp0000118

Carmody, J., & Baer, R. A. (2008). Relationships between mindfulness practice and levels of mindfulness, medical and psychological symptoms and well-being in a mindfulness-based stress reduction program. Journal of behavioral medicine, 31, 23-33. https://doi.org/10.1007/s10865-007-9130-7

Coulon, S. M., Monroe, C. M., & West, D. S. (2016). A systematic, multi-domain review of mobile smartphone apps for evidence-based stress management. American journal of preventive medicine, 51(1), 95-105. https://doi.org/10.1016/j.amepre.2016.01.026

Economides, M., Martman, J., Bell, M. J., & Sanderson, B. (2018). Improvements in stress, affect, and irritability following brief use of a mindfulness-based smartphone app: A randomized controlled trial. Mindfulness, 9(5), 1584–1593. https://doi.org/10.1007/s12671-018-0905-4

Egger, S. M., Frey, S., Sauerzopf, L., & Meidert, U. (2023). A Literature Review to Identify Effective Web-and App-Based mHealth Interventions for Stress Management at Work. Workplace Health & Safety, 452-463. https://doi.org/10.1177/21650799231170872

Heber, E., Lehr, D., Ebert, D.D., Fraunhofer, L., Grossmann, I. (2023). Stressbewältigung. In: Ebert, D.D., Baumeister, H. (eds). Digitale Gesundheitsinterventionen. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-65816-1_13

Huberty, J., Green, J., Glissmann, C., Larkey, L., Puzia, M., & Lee, C. (2019). Efficacy of the mindfulness meditation mobile app “calm” to reduce stress among college students: Randomized controlled trial. JMIR mHealth and uHealth, 7(6). http://mhealth.jmir.org/2019/6/e14273/

Lazarus, R. S., & Folkman, S. (1984). Stress, appraisal, and coping. Springer.

Schulte‐Frankenfeld, P. M., & Trautwein, F. M. (2022). App‐based mindfulness meditation reduces perceived stress and improves self‐regulation in working university students: A randomised controlled trial. Applied Psychology: Health and Well‐Being, 14(4), 1151-1171. https://doi.org/10.1111/aphw.12328

Wildenbos, G. A., Peute, L. W., & Jaspers, M. W. (2015). A framework for evaluating mHealth tools for older patients on usability. In Digital healthcare empowering Europeans, 783-787. http://doi.org/10.3233/978-1-61499-512-8-783